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[ 22.07.2024 ]
Ein bedenklicher Fall – die Medienlandschaft Liechtensteins und deren Förderung
Jürgen Schädler
In Bezug auf den IWF-Beitrag von Stefan Millius, der u. a. die Medien in Liechtenstein tangiert, ist Hintergrundwissen nützlich. Ursprünglich gab es in Liechtenstein zwei Tageszeitungen. Es waren jeweils die Parteizeitungen der machtvollen «Traditionsparteien» des Landes. Hinter dem Volksblatt, das im 2023 als älteste Tageszeitung des Landes den Betrieb einstellte, steckte die «Fortschrittliche Bürgerpartei» (FBP) – volkstümlich die «Schwarzen» genannt. Das Vaterland ist bzw. war die Zeitung der «Vaterländischen Union» (VU) – der «Roten». Durch die Einstellung des Volksblattes hat das Vaterland das Monopol in Sachen Tageszeitung im Fürstentum inne. Es ist geradezu dreist, wenn auf der Vaterland-Website von «Die führende Tageszeitung in Liechtenstein.» kommuniziert wird. Die einzige Tageszeitung in Liechtenstein wäre wohl die ehrlichere Aussage. Der damit einhergehende Druck forderte die «Roten» zu Veränderungen auf. So sagt man, dass beispielsweise aus der Parteizeitung eine parteinahe Zeitung wurde. Klingt gut, aber die Realität zeigt, was Sache ist. Unter der unveränderten Leitung der Chefredaktion, ist der Veränderungswille wohl eher ein augenauswischender Ansatz. Nach x-jähriger Tätigkeit inmitten roter Ausrichtung, wird es in diesem Kopf zu keiner abrupten «Rotbleiche» kommen(?). Bekanntlich ist die Farbe Rot sehr hartnäckig, was sich auch in der Berichterstattung widerspiegelt. Es scheinen zwischenzeitlich zwar Köpfe der anderen Parteien in der einzigen Tageszeitung auf, jedoch in einem Missverhältnis, welches die ausgewogene, sachliche Berichterstattung nicht zu erkennen gibt. Hingegen sind «nicht rote Themen» oft in der Satire-Spalte zu finden, oder werden in Kommentaren behandelt, die einen Stil zutage bringen, der für jeden ausgebildeten Journalisten widerlich ist und für so manchen Leser zu einer Abokündigung führte. Die Regierungskonformität ist regelmässig gut erkennbar.
«Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.» ist in Bezug auf die staatliche Medienförderung in Liechtenstein eines der Übel. Dass hinter dieser Tatsache das Problem der politischen Einflussnahme generiert wird, bedarf wohl keiner Erklärung. Noch plausibler wird das «rote Medienverhalten», wenn man weiss, dass der Grossteil der staatlichen Medienförderung das Vaduzer Medienhaus, welches die einzige Tageszeitung publiziert, erhält. Ebenso ist wichtig zu wissen, dass aktuell die «Roten» (VU) den Regierungschef stellen und drei der fünf Regierungssitze innehaben. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Berichterstattung über den von der Regierung eingeleiteten IWF-Beitritt in der einzigen Tageszeitung nur auf positive Worte stösst und das journalistische Handwerk leidet.
Es hat seinen Grund, weshalb Medien als «Vierte Gewalt» in einem demokratischen Staat bezeichnet werden. So ist es nicht verwunderlich, dass die angebotene intensivere Zusammenarbeit des Schweizer Presserats nicht auf offene Ohren im Ländle stösst. Vermutlich sind die Worte der Präsidentin des Schweizer Presserat für liechtensteinische Verhältnisse zu klar bzw. unberechenbar. Sie äusserte sich nämlich im Juli 2023 in Bezug auf die Anpassung der Medienförderung dahingehend, dass es ein sonderbarer Zugang zur Thematik Qualität im Journalismus wäre, wenn die Kontrolle an eine politisch besetzte Kommission delegiert würde. Dann müsste im Endeffekt die Politik definieren, was guter Journalismus ist. Ebenso verwies sie darauf, dass man in anderen Ländern sieht, wie schnell die Pressefreiheit unter Druck gerät , wenn der Politik eine solche Rolle zugesprochen wird. Auch warnte sie eindringlich vor der zerstörerischen Macht eines falsch aufgegleisten Medienförderungssystems. (Quelle: https://www.vaterland.li/liechtenstein/politik/schweizer-presserat-ist-offen-fuer-intensivere-zusammenarbeit-art-538567)
Doch wen kümmern derart klare Worte im kleinen Ländle? Schliesslich ist das Netz an Verwandten, Bekannten… dicht.
PS: Übrigens, der einzige Radio-Sender in Liechtenstein (Radio L) ist staatlich. Somit untersteht dieser der Oberaufsicht der Regierung! Hinzu kommt die Tatsache, dass sich das Parlament mit diesem Sender in der Vergangenheit mit Notkredit, Investitionsbeiträgen, Nachtragskrediten zu beschäftigen hatte, um das Überleben zu sichern. Daraus resultiert die Gemeinsamkeit zum beabsichtigten IWF-Beitritt: eine Volksinitiative wurde lanciert. Kommen die benötigten Unterschriften zusammen, wird das Volk über die Zukunft des Staatsradios das letzte Wort haben.