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[ 18.06.2024 ]

Warum gegen den IWF-Beitritt ein Referendum ergriffen werden muss!

Norbert Obermayr, Dpl

Eine Kreditvergabe des Internationalen Währungsfonds (IWF) erfolgt nur unter sehr strengen Auflagen. Es werden Strukturanpassungen verlangt, was im Klartext Deregulierung und Privatisierung heisst.
 
WOMIT WÄRE BEI INANSPRUCHNAHME EINES IWF-KREDITS ZU RECHNEN?
Vom IWF verlangte Deregulierung bedeutet meist Anpassung der Sozialsysteme, zum Beispiel Erhöhung des Rentenalters, Senkung der Renten und Neuordnung des Unfall- und Krankenwesens, alles zulasten der vorgängig getroffenen politischen Entscheidungen des betreffenden Landes. Das bewirkt dann: Der Mittelstand und die untersten Einkommensschichten haben weniger Einkommen zur Verfügung und eine massiv schlechtere medizinische Versorgung bis hin, dass sie sich Medikamente einfach nicht mehr leisten können.
 
WAS WÜRDE «PRIVATISIERUNG» KONKRET BEDEUTEN?
Real betrachtet werden staatliche Betriebe, meistens Betriebe der Infrastruktur oder Dienstleistungen, privatisiert, so beispielsweise Hafenanlagen, Wasserwerke, Boden, landwirtschaftlich genutzter Boden, Elektrizitätswerke, Telekommunikationsfirmen, Eisenbahnen, Autobahnen - also wesentliche Teile der essenziellen Infrastruktur. Der Staat hat dann weniger politische Entscheidungskraft und auch weniger Einkommen.
 
HABEN LÄNDER, DIE EINEN IWF-KREDIT BEANSPRUCHEN, DIES SELBST VERSCHULDET?
Im Landtag wurde geäussert, dass «Viele Länder die Finanzprobleme selbst verschuldet hätten». Diese Aussage darf so nicht stehen bleiben. Der US-Dollar als Leitwährung und Hauptwährung des IWF treibt gerade gegenwärtig viele Entwicklungsund Schwellenländer, die sich an den US-Dollar angelehnt haben, in den finanziellen Abgrund, dies, weil die US-Zinsen auf einem sehr hohen Niveau verweilen. Länder, die in US-Dollar verschuldet sind, haben Mühe mit dem Schuldendienst, weil die hohe Zinsrate in den USA ihre in US-Dollar bewerteten Schulden verteuert. Diese Länder werden so direkt in die Arme des IWF getrieben. Global gesehen wird damit nur die Dominanz der führenden westlichen Industrieländer gegenüber den südlichen Ländern zementiert.
 
WÄRE EIN MÖGLICHER BEITRITT LIECHTENSTEINS ZUM IWF TATSÄCHLICH SO POSITIV?
Die Regierung köderte Öffentlichkeit und Landtag bisher mit der angeblich hohen Verzinsung der eingezahlten Quote von 4.1% Zins pro Jahr. Eine süsse Versuchung. Der Zins für die Einlage von CHF 30 Millionen solle sich auf CHF 1.15 Mio. belaufen. Die Verzinsung der Einlage ist nicht garantiert, sondern variiert mit dem Zins, der für die Hauptwährungen des IWF, insbesondere US-Dollar und Euro, gezahlt werden.
 
STEIGENDE VERWALTUNGSKOSTEN UND GRÖSSERER STAATSAPPARAT
Gemäss Bericht und Antrag der Regierung bedingt die IWF-Mitgliedschaft Verwaltungskosten von ca. CHF 500'000 p.a.; sehr wahrscheinlich stark ansteigend mit den Jahren. Nicht erwähnt wird, dass die Verzinsung variabel sein wird. Konkret richtet sich die Verzinsung nach einem Grundvergütungssatz, dem SZR-Zinssatz (SZR = Sonderziehungsrechte), basierend auf kurzfristigen Zinssätzen der SZR-Währungsgewichtung. In Niedrigzinsphasen, wie in vergangenen Jahren, wird dann weniger Zinsertrag anfallen, die Verwaltungskosten bleiben hingegen. Zudem sind Währungsverluste so sicher wie das Amen in der Kirche, weil die Hauptwährungen des IWF bedeutend schwächer als der Schweizer Franken sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass nach Jahren der Wert der Einlage inklusive Zinsen geringer sein wird als der Einlagenwert in CHF ist so gut wie sicher und ist damit ein Verlustgeschäft.
 
IWF-EINLAGE IST KAPITALANLAGE MIT DEM AUFDRUCK «RISIKOKAPITAL»
Zusammengefasst lautet die Rechnung: Variable Verzinsung in SZR abzüglich Verwaltungskosten, abzüglich erwarteter Währungsverlust auf Zinsen und Kapital ergibt eine viel bescheidenere Summe als die einseitig hochgelobte Verzinsung. Diese Anlage wirft somit in Zukunft weniger Rendite als das übrige Staatsvermögen ab. Die IWF-Einlage ist somit nichts anderes als eine Kapitalanlage mit dem Aufdruck «Risikokapital».
 
KEIN WIRKLICHER VORTEIL BEI EINEM IWF-BEITRITT LIECHTENSTEINS
Ein Beitritt Liechtensteins zum IWF ist mit keinem wirklichen Vorteil verbunden. Ein solcher ist auch keine reale Versicherung für das Land.
GIBT ES ALTERNATIVEN ZU EINEM IWF-BEITRITT? 
Ja, die gibt es eindeutig. Und zwar stehen hier an erster Stelle eine umsichtige Politik und ein haushälterischer Umgang mit Steuergeld. Als Zwergstaat, der wie Monaco nicht verschuldet ist, braucht es keinen IWF-Beitritt. Dieser wäre sogar kontraproduktiv und würde das Eingehen von höheren Risiken nur noch fördern.
 
WIE KÖNNTE DAS GELD BESSER EINGESETZT WERDEN?
Die Szenarien einer Bedrohung für Liechtenstein zeigen als dominantes Problem einer Schwachstelle den Ausfall der Stromversorgung. Hier gibt es die konkrete Möglichkeit einer Beteiligung am Ausbau von Wasserkraft bei unseren Nachbarn. Das wäre echte Risikovorsorge.