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[ 03.09.2024 ]

Wer gibt uns 10 Milliarden?

Marco Ospelt

Möglicherweise nicht der IWF! Und wenn er mit uns so umspringt wie seinerzeit mit Griechenland,
dann würde uns das sicher nicht froh machen. Im Gegenzug für die Kredite des IWF musste
Griechenland strenge Sparmassnahmen umsetzen wie Kürzungen im öffentlichen Sektor,
Rentenkürzungen, Steuererhöhungen und Strukturreformen, auch Privatisierung von
Staatsvermögen. Da könnten wir unsere schönes neues Dienstleistungszentrum an private Investoren
veräussern und dann zurückmieten für jene Staatsangestellten, die der IWF noch für notwendig
hielte. In Griechenland hat diese Sparpolitik zu erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Belastungen
geführt, darunter hohe Arbeitslosigkeit, sinkende Reallöhne und steigende Armut. Übrigens würden
nicht wir bestimmen, ob wir 10 Milliarden brauchen, sondern die Vertreter des IWF. Wahrscheinlich
würden diese keine unserer grossen Banken für systemrelevant und rettungswürdig betrachten.
Warum hat die Schweiz 2008 während der Finanzkrise für die Rettung der UBS nicht einen Kredit des
IWF angefordert, sondern selbst 68 Milliarden bereitgestellt?
Einen weiteren Grund für die Ablehnung des Beitritts zum IWF gibt mir Regierungschef Daniel Risch.
Er hat ausgeführt, der IWF erhebe detaillierte Statistiken über die wirtschaftliche und soziale
Situation der Beitrittsländer. Für Liechtenstein würde ein enormer Reputationsgewinn resultieren, da
wir in allen diesen Statistiken einen der vordersten Plätze belegen. Mit Verlaub: Das möchte ich
lieber nicht. Wir haben so schon genug Neider. Mir ist es zuwider, überall unsere herausragende
Situation herumzuposaunen und noch mehr Neid zu provozieren.